Wertvolle Kulturförderung durch Bevölkerung und Staat

 

7. Treffen der Raabgebiet-Slowenen in Kétvölgy und Einweihung des renovierten Kulturhauses

 

Mittlerweile zum 7. Mal trafen sich heuer die Raabgebiet-Slowenen, um gemeinsam einen Tag der Kultur zu feiern. Die diesjährige Veranstaltung fand in Kétvölgy (Verica Ritkarovci) statt und schien ganz im Zeichen der Jugend zu stehen, was sich positiv auf das Gesamtbild des Anlasses auswirkte. Zusätzlich zu den zahlreichen musikalischen und tänzerischen Darbietungen wurde das Kulturhaus von Kétvölgy mit einer feierlichen Zeremonie und in Anwesenheit einiger hoher Repräsentanten der Staaten Ungarn und Slowenien nach einer mehrjährigen Renovationsphase wiedereröffnet.

 

Kétvölgy, 19. August 2007.

 

Regionale Kultur vor internationalem Publikum

 

Seit dem Bestehen dieser jährlichen Treffen der ungarischen Slowenen waren noch nie so viele Menschen zusammengekommen wie heuer in Verica-Ritkarovci (Kétvölgy). Fast eintausend Gäste aus Nah und Fern fanden sich an diesem Sonntag im grossen Festzelt in Kétvölgy ein. Nebst den lokalen Slowenen reisten auch Slowenen aus Budapest, Mosonmagyaróvár, Szombathely und sogar aus zahlreichen europäischen Ländern wie Deutschland, der Schweiz und Serbien an. Der Verband der Slowenen Ungarns, die Gemeinde Kétvölgy sowie das Tourismus- und Informationszentrum von Moravske Toplice (Slowenien) hatten das Treffen, welches ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Programm bot, organisiert. Zeitgleich mit diesem Anlass fand der Dorftag von Kétvölgy, dessen Hauptattraktion die Eröffnung und Einweihung des Kulturhauses war, statt. Wie es im Raabgebiet üblich ist, erwarteten die Organisatoren die ankommenden Gäste mit Schnaps und Gebäck. Zudem erhielt jeder Gast ein Willkommensgeschenk in Form eines kleinen Krugs in Erinnerung an den verstorbenen Töpfer von Kétvölgy, Károly Doncsecz. Nach dem musikalischen Auftakt der slowenischen Folkloregruppe „Gorički Lajkoši“ aus Gornji Petrovci (Slowenien), eröffnete Klara Fodor (Sekretärin der Slowenischen Selbstverwaltung in Ungarn) das kulturelle Programm. Sie hiess das internationale Publikum herzlich willkommen und erläuterte in slowenischer und ungarischer Sprache den Ablauf der Veranstaltung.

 

Bewahrung der slowenischen Kultur und Stärkung der regionalen Kooperation

 

Zahlreiche Repräsentanten Ungarns und Sloweniens machten am diesjährigen Treffen ihre Aufwartung: u.a. József Hirnök der Präsident der Slowenischen Selbstverwaltung in Ungarn, András Doncsecz, der Bürgermeister von Kétvölgy, Martina Vink-Kranjec, die Direktorin des Tourismus- und Informationszentrums von Moravske Toplice und Ladislav Lipič, der Botschafter der Republik Slowenien in Budapest. Marijana Sukics vom Magazin Porabje sorgte für die ungarisch-slowenische Simultanübersetzung. Hirnök betonte in seiner Rede, wie wichtig solche Treffen für die Raagebiet-Slowenen seien. Denn sie hätten die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und könnten nach einem erfreulichen Tag mit dem Gefühl,  zu den Slowenen des Raabgebiets dazugehören, nach Hause gehen. Ferner gab er den Gästen die Bitte mit auf den Weg, ihre Muttersprache weiter zu pflegen, die slowenische Kultur zu bewahren und ihr Wissen ihren Kindern weiterzugeben, damit diese sich auch als Slowenen fühlen könnten. András Doncsecz freute sich sehr, dass dieses 7. Treffen der Raabgebiet-Slowenen in seiner Gemeinde Kétvölgy stattfand. Es sei dies zwar das zweitkleinste Dorf des Raabgebiets, allerdings halte dessen Bevölkerung umso mehr zusammen. Es bereitete ihm eine ganz besondere Freude, dass am selben Tag auch das neu renovierte Kulturhaus von Kétvölgy eingeweiht wurde. Martina Vink-Kranjec schätzte sich sehr glücklich darüber, dass das Tourismus- und Informationszentrum von Moravske Toplice über das Projekt „Interreg“ mit Kétvölgy zusammenarbeiten durfte, und sie nicht zuletzt auch deshalb die Orte des wunderschönen slowenischen Raabgebietes kennenlernen durfte. Ausserdem wies sie auf die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hin, da man sich auf diese Weise am produktivsten kennenlernen und austauschen könne. Der Botschafter der Republik Slowenien in Budapest, Ladislav Lipič, betonte seinerseits die Bedeutsamkeit von Treffen der Art, wie der diesjährigen Zusammenkunft in Ketvölgy. Sie dienten der regionalen Entwicklung und festigten die gute Kooperation zwischen Ungarn und Slowenien. Beide Staaten sähen die Stärkung der Entwicklung in dieser Region als wichtig an und unterstützten die ethnischen Minderheiten beidseits der Grenzen.

 

Markige Sprüche

 

Im Anschluss an die Reden der Politprominenz betrat ein Damenchor aus Števanovci (Apatistvanfalva), welcher traditionelle Volkslieder aus dem slowenischen Raabgebiet sang, die mit Blumen und Flechtwerk geschmückte Bühne. Ihrem Auftritt folgte die Darbietung einer aus Tešanovci (Slowenien) stammenden Folkloreformation namens KTD. Ihr charismatischer Sänger wandte sich zu Beginn des Auftritts an die Zuschauer und versuchte mit markigen Sprüchen die Stimmung auf den Bänken anzuheizen. Die gut gelaunten Mitglieder der Gruppe erfreuten die Festgesellschaft mit ihren eingängigen Rhythmen und temperamentvollen Tanzeinlagen. Die Gruppe KTD hatte die Bühne im Sturm erobert und sorgte für laute enthusiastische Jauchzer unter den Zuschauern. Die erste von insgesamt drei Kinder- bzw. Jugendformationen war die Kindermusikertanzgruppe aus Števanovci, welche in Trachten gekleidet traditionelle Tänze präsentierte und dabei von einem erwachsenen Harmonikaspieler begleitet wurde. Einmal tanzten sie im Kollektiv händehaltend im Kreis herum, dann fügten sie sich zu Paaren zusammen um sich dann wiederum als Einheit dem Publikum zu präsentieren. Ein bei den Zuschauern besonders beliebtes Element ihrer Darbietung war das Spiel mit den Hüten. Dabei liess eine Gruppe von eng beieinander stehenden Burschen ihre Hüte in rasantem Tempo hin- und herwandern, wobei jeweils derjenige Bursche in den Hintergrund treten musste, wessen Hut zu Boden gefallen war. Die Jungen und Mädchen der Folkloregruppe hatten sichtlich Spass an ihrem Auftritt, und diese Spielfreude übertrug sich in positiver Weise auf die Zuschauer. Das Geschwisterpaar Patrik und Patricija Bokan aus Otovci (Slowenien) waren die nächsten, welche die Bühne betraten. Sie zeigten, zuerst einzeln und anschliessend auch im Duett, ihr Können auf der Harmonika und trugen, wie ihre Musikerkollegen zuvor auch, ihre traditionelle lokale Tracht. Eine weitere jugendliche Folkloregruppe aus Benedikt (Slowenien) sorgte anschliessend für den wohl amüsantesten Auftritt an diesem Tag. Der junge Sänger der Formation hatte die Lacher auf seiner Seite, als er immer wieder gekonnt mit dem Publikum in den Dialog trat und jeweils witzige und schlagfertige Äusserungen von sich gab. So meinte der kleine Entertainer beispielsweise altklug, dass er sich gerne ein Bier genehmigen wolle, jetzt allerdings nur alkoholfreies Bier trinke, weil er ja noch fahren müsse. Und als die vier in schlichte blaue T-Shirts gekleideten Jungs mit ihren originellen Instrumenten lauthals und unbekümmert ein äusserst zotiges Lied von sich gaben, schoss einigen Zuschauern nicht so sehr die Schamesröte, sondern vielmehr vor Lachen die Tränenflüssigkeit ins Gesicht. Mit diesem stimmungsvollen Auftritt endete dann auch der musikalische Teil des kulturellen Programms. Klara Fodor betrat erneut die Bühne und wies die Zuschauer an, das Festzelt zu verlassen und sich in Richtung des neuen Kulturhauses des Ortes aufzumachen, welches eingeweiht werden sollte.

 

Kulturhaus in neuem Glanz

 

Den Auftakt der Einweihung dieser modernisierten Kultureinrichtung bildete die gesangliche Darbietung eines Damenchores aus dem slowenischen Raabgebiet. Für die Übergabe des Kulturhauses wurde u.a. Péter Kiss, der Kanzellarminister Ungarns eingeladen, welcher aber leider nicht wie geplant anwesend sein konnte. Er wurde von seinem ministeriellen Sachberater, Imre Márkus, vertreten, welcher die Begrüssung von Kiss vorlas. Der Kanzellarminister lobte die Bevölkerung von Kétvölgy für deren beispielhaften kulturellen Zusammenhalt und die Bewahrung kulturellen Lebens.

 

Engagement der Bevölkerung von Kétvölgy, slowenisch-ungarischer und europäischer Sukkurs

 

Da sich das Kulturhaus von Kétvölgy in einem schlechten Zustand befunden hatte, war es dringend nötig gewesen, diese Einrichtung zu modernisieren. Die Renovation musste mit dem Dach begonnen werden, wofür die ungarische Regierung Ende 2005 finanzielle Mittel zugesichert hatte. Ein Projekt der EU namens „Interreg“ leistete ihren Beitrag zur Finanzierung der internen und externen Renovationsarbeiten. Ferner stellte sich der Ort Moravska Toplice im Murgebiet (Slowenien) als Partner, welcher für die Verwirklichung dieser Renovation von Nöten war, zur Verfügung. Aber die Renovationsarbeiten wären nicht so schnell fertig geworden, wenn nicht die Bevölkerung von Kétvölgy tatkräftig und auf freiwilliger Basis bei den Arbeiten mit angepackt hätte. Drago Šiftar (Slowenischer Generalkonsul in Szentgotthárd) dankte einerseits der Bevölkerung von Kétvölgy für deren wertvolle Mithilfe und andererseits Andrea Kovács (Mitarbeiterin des Slowenischen Konsulates in Szentgotthárd) für die erfolgreiche Durchführung dieses Projektes. Martina Vink-Kranjec (Direktorin des Tourismus- und Informationszentrums Moravske Toplice) hob die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hervor. András Doncsecz (Bürgermeister von Kétvölgy) war sichtlich begeistert davon, dass in seiner Gemeinde eine Kultureinrichtung erstellt werden konnte, von welcher die Bevölkerung profitieren kann. Das renovierte Kulturhaus verfügt über eine moderne Architektur, und sein Herzstück, ein mit einer Bühne und zahlreichen Stühlen ausgestatteter Kulturraum, wird den kulturinteressierten Bürgern in Zukunft mit Sicherheit noch viel Freude bereiten. Im Kulturhaus befindet sich auch ein Informationsraum, in welchem die Besucher mit wertvollen Auskünften über Kétvölgy und die umliegende Region versorgt werden können. Ferner sind im Kulturhaus auch das Büro des Bürgermeisters, die Arztpraxis und das Büro der lokalen slowenischen Selbstverwaltung untergebracht.

 

Weihung des Kulturhauses durch den Klerus

 

Nachdem die weltlichen Repräsentanten der Staaten Ungarn und Slowenien ihre Eröffnungsreden gehalten hatten, betraten drei Mitglieder der Geistlichkeit das Podium. Pfarrer Lojze Kozar aus Odranci (Slowenien), Pfarrer Dejan Horvat aus Čepinci (Slowenien) und Pfarrer Ferenc Merkli (Slowenisches Raabgebiet) begrüssten ihrerseits das Publikum und brachten die Bedeutung einer neuen Kulturinstitution zum Ausdruck. Anschliessend besprenkelten sie die Eingangstüre des Gebäudes mit Weihwasser und segneten dadurch das Haus. Nachdem die rot-blau-weissen und rot-weiss-grünen Bänder feierlich durchtrennt, und das Ereignis vom Publikum mit Applaus bedacht worden war, sang noch einmal der Damenchor aus dem slowenischen Raabgebiet.

 

             Bilder                                               Tibor Horvat / Joël Gerber

 

P.S.: Auch wir, Tibor Horvath und Joël Gerber, möchten uns bei den Organisatoren dieses 7. Treffen der Raabgebiet-Slowenen herzlich bedanken und zugleich zum Gelingen dieses Anlasses gratulieren. Wir schauen bereits jetzt mit freudiger Erwartung der nächsten Auflage des Treffens entgegen.