Žive naj vsi narodi

 

France Prešeren Gedenktag

 

Szentgotthárd, 12.02.2006

 

Zahlreiche Slowenen aus Porabje und Slowenien selbst fanden sich an diesem sonnigen Wintertag im Theater von Szentgotthárd ein, um gemeinsam einer der tragenden Figuren in der slowenischen Kulturgeschichte zu gedenken: des grossen Nationalpoeten France Prešeren.*

 

Die Bedeutung Prešerens für die slowenische Kultur

 

Schon ganz zu Beginn wurde klar, welche Bedeutung Prešeren in der slowenischen Geschichte einnimmt, denn die Veranstaltung begann gleich mit dem wohl wichtigsten Beitrag Prešerens zum Ausdruck slowenischen Zusammengehörigkeitsgefühls: dem Abspielen der slowenischen Nationalhymne. Ein Teil des Textes (die 7. Strophe) der Hymne beinhaltet Auszüge aus Prešerens Werk „Zdravljica“. Als die ersten Takte der slowenischen Nationalhymne aus den Lautsprechern ertönten, erhoben sich die Anwesenden und einige sangen auch hingebungsvoll mit. Jožef Hirnök, der Präsident des Verbandes der Slowenen in Ungarn und Marko Slotar, der Generalkonsul der Republik Slowenien in Szentgotthárd, betraten anschliessend die Bühne und begrüssten nacheinander das Publikum. Marijana Sukič, die Chefredakteurin des wöchentlich erscheinenden lokalen Magazins „Porabje“, erläuterte daraufhin in ihrer Rede die Bedeutung eines Gedenktages, der Kultur und des slowenischen Bewusstseins. Den Abschluss des ersten thematischen Blocks des Gedenktages bildete ein kleiner Junge, welcher auf seinem Akkordeon volkstümliche Lieder spielte.

 

Buchpräsentation des Ferenc Mukič

 

Der zweite Teil der Veranstaltung bestand aus der Präsentation des Romans des Autoren Ferenc Mukič. Sein Buch mit dem Titel „Garabancijaš“ spielt in der Grenzregion des slowenischen Raabgebiets in Ungarn und der damaligen jugoslawischen Teilrepublik Slowenien in den 1940er und 50er Jahren und widmet sich der Thematik der Beziehung zwischen Raabgebiet- (Porabje) bzw. Murgebietslowenen (Prekmurje) unter dem Aspekt der Trennung, welche durch den Eisernen Vorhang verursacht wurde. Mukič und Milan Vincetič, ein aus Prekmurje stammender Kollege, schilderten anschaulich die Geschehnisse der damaligen Zeit. Der Übergang zum dritten und letzten Akt der Feier bestand wiederum aus einer musikalischen Darbietung eines jungen Harmonikaspielers.

 

„Kleinkriege“

 

Zu guter letzt sorgte noch eine fünfköpfige Theaterformation namens „Nindrik-indrik“ für gute Stimmung unter den zahlreich erschienenen Besuchern. Es wurden Nachbarschaftskonflikte, wie sie überall und jederzeit vorkommen könnten, persifliert. Immer dann, wenn die Situation zu eskalieren drohte, trat eine Mediatorin auf, welche die Streitparteien wieder zur Vernunft brachte. Der Disput am Gartenzaun führte so weit, dass sich die zerstrittenen Nachbarn am Ende gar in Uniformen gekleidet und mit (Plastik-) Waffen bekriegten. Aber das Stück nahm zur Freude aller doch noch einen friedlichen Ausgang. Und so endete der fast zweistündige Gedenktag zu Ehren Prešerens in tosendem Applaus und mit einem sichtlich zufriedenen Publikum.

 

 

* In Slowenien wird dieser Gedenktag am 8. Februar gefeiert. Da in Ungarn dieser Tag ein  

    gewöhnlicher  Arbeitstag ist, gedachte man France Prešeren am darauf folgenden Sonntag, den 12.

    Februar 2006.

 

 

                                                                                              Joël Gerber / Tibor Horváth

 

 

 

France Prešeren – Der slowenische Nationaldichter

 

Herkunft und berufliche Laufbahn

 

France Prešeren (deutsch: Franz Prescheren) wurde am 3. Dezember des Jahres 1800 in Vrba, im ehemaligen Herzogtum Krain, geboren.

 

Franz Prešeren stammte aus bäuerlichem Hause und wurde als drittes von acht Kindern geboren. Er besuchte die Grund- und Mittelschule in Ribnica bzw. in Ljubljana und studierte anschliessend in Wien Rechtswissenschaften (1821-1828). Während seines Studiums wuchs seine Leidenschaft für die Poesie. Ausserdem lernte er am Klinkowströmschen Institut am Schlesingerplatz (wo sich eine Gedenktafel befindet) sowohl den Deutsch-Krainer Dichter Anton von Auersperg (Anastasius Grün) als auch die slowenischen Literaturwissenschaftler Bartholomäus (Jernej) Kopitar und Matthias Tschop (Matija Čop) kennen.

 

Im Jahre 1832 übersiedelte Prešeren nach Klagenfurt, um hier am 26. Mai am Appellationsgerichtshof (Gedenktafel am Neuen Platz) die Advokatenprüfung abzulegen, bei der er fast durchgefallen wäre, weil er seine Zeit auch der Recherche über die Fälle der Angeklagten  widmete. In Ljubljana, wo er von 1828 bis 1846 als Angestellter einer Rechtsanwaltskanzlei lebte, fand der Weltbürger nur wenig Anklang und vereinsamte. Diese Ereignisse prägten seine gesamte weitere berufliche Karriere. So erhielt er erst im Jahre 1846 eine Advokatur (in Krainburg, Kranj), nachdem er sich zuvor mehrmals vergeblich darum bemüht hatte.

 

Privatleben

 

In Klagenfurt nahm er Kontakt mit dem Kärntner-Slowenischen Schriftsteller Urban Jarnik auf, welchen er in Moosburg besuchte. Zudem lernte er auch den Spiritual Anton Martin Slomšek kennen.

 

Das Liebesleben Prešerens war Zeit seines Lebens geprägt von negativen Erfahrungen. Seine grosse Liebe Julia Primitz (Julija Primic) erwiderte seine Liebe nicht, obwohl ein Teil der Ausgabe der "Poezije" im Akrostichon* ihren Namen trug. 1839 lernte er die Arbeiterin Ana Jelovšek kennen, mit welcher er drei Kinder hatte. Sie verliess ihn jedoch später.

 

* Die Anfangsbuchstaben oder –worte in einem Gedicht oder einem Text ergeben nacheinander gelesen einen Sinn (hier: den Namen Julia Primitz)

 

Am 8. Februar 1849 starb er in Kranj, welches zu seiner Zeit noch Krainburg hiess, an einer Leberzirrhose.

 

Das Werk Prešerens

 

Prešeren gilt als einer der grössten slowenischen Dichter. Er schrieb nicht nur slowenische, sondern auch deutsche Literatur (Gedichte und Sonette). Er ist bekannt für seine Liebes- und Naturlyrik und sein grosses historisches Epos „Die Taufe an der Savica“ (Krst pri Savici). Im Jahre 1847 erschien sein opus magnum Poezije (Poesien).

 

Die heutige slowenische Hymne beinhaltet noch die 7. Strophe der Zdravljica:

 

Žive naj vsi narodi                                                                

ki hrepene dočakat' dan,                                                       

da koder sonce hodi,                                                             

prepir iz sveta bo pregnan,                                                    

da rojak                                                                                

prost bo vsak,                                                                        

ne vrag, le sosed bo mejak!                                                   

 

Es leben alle Völker,

die sehnend wartend auf den Tag,

dass unter dieser Sonne

die Welt dem alten Streit entsag!

Frei sei dann

jedermann,

nicht Feind, nur Nachbar mehr fortan!

 

Übersetzung: Klaus Detlef Olof

 

 

Nach Prešeren wurde der Hauptplatz von Ljubljana, der Prešerenplatz, benannt.

  
Literatur  

 

Boris Paternu: France Prešeren. Ein slowenischer Dichter 1800-1849, München 1994

Wilhelm Baum: France Prešeren, ein slowenischer Dichter in Österreich, in: Österreich

 in Geschichte u. Literatur, 43, 1999,107-117 

France Prešeren: Deutsche Dichtungen, hrsg. v. Wilhelm Baum, Kitab, Klagenfurt 1999

 

 

                Bilder                                                                 Joël Gerber / Tibor Horváth